Buchcover: "Querelle de Roberval" von Kevin Lampert

Ein Beitrag von Rick Lupert

Ein Geist geht um in Roberval: der Geist des Begehrens zwischen Mann und Mann, verkörpert durch – ja, was
eigentlich: Ist er ein Teufel oder ein Engel? Starke Gefühle löst der junge Mann mit Namen Querelle, der die
Verkörperung des homosexuellen Eros ist, in der frankophonen kanadischen Kleinstadt jedenfalls aus. Querelle,
vom Genet’schen Brest eben in die kanadische Provinz verfrachtet, wird von seinen jugendlichen Liebhabern (max.
25) verehrt wie ein Gott; von den Vätern Robervals gefürchtet; von manchen Arbeitskolleg*innen im Sägewerk, für
das auch er arbeitet, zumindest respektiert. Mit letzteren zusammen streikt Querelle für bessere Arbeitsbedingungen
im Sägewerk gegen einen wahrlich dämonischen Arbeitsgeber, der den Streikenden gleich zu Beginn Chlorreiniger
in den Kaffee mischt, worauf diesen der Magen ausgepumpt werden muss. Im Laufe der Handlung lässt er unter
anderem auch die Häuser seiner Angestellten anzünden.
Das sind die beiden großen Themen des Buches, das sich im deutschen die Genrebezeichnung
„Gewerkschaftsroman“ gibt: Homosexualität und Klassenkampf. Kevin Lambert lässt diese beiden Themenblöcke
aufeinandertreffen und stellt schmerzhafte Fragen: Woher kommt die Homophobie in der Arbeiter*innenschaft?
Wie schaffen es die Kapitalist*innen, die Arbeiter*innenschaft zu spalten – und warum helfen diverse
Ressentiments gegen marginalisierte Gruppen dabei?
Das Register dieses episodenhaften Romans schwankt zwischen poetischer Hochsprache voller Metaphern,
Vergleichen, Verweisen, und einer eng ans Mündliche angelegten Sprache. Die Perspektive schwankt ebenso: Mal ist man ganz nah an einer Figur dran, dann ist es wieder ein auktorialer Erzähler, dem man zuhört, oder, ein schöner
Kniff, eine Wir-Perspektive, die den Streikenden eine Stimme gibt. Das kann sich von Satz zu Satz ändern, ist aber
nie verwirrend. Dass das alles so flüssig ist, ist dem Übersetzer Frank Weigand zu verdanken, der hier Großes
geleistet hat.
Querelle de Roberval ist ein Wunder von einem Roman, ein wahrlich solidarischer, kämpferischer, und dabei
wunderschöner Text, der im Wechsel geil und wütend zu machen vermag.

Kevin Lampert: Querelle de Roberval, Aus dem Französischen von Frank Weigand

Zitat aus "Querelle de Roberval":"Querelle hat die Entscheidung getroffen, sich in seiner Anstößigkeit zu verkriechen, in einem Skandal, der sich eng an die Formen seines Begehrens schmiegt. Aus seiner Schande hat er sich einen Mantel geschneidert, in den er sich ohne jeden Stolz hüllt. Querelle ist so zahlreich wie die Kränkungen, die mit ihm einhergehen." Ein Beitrag von Rick Lupert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner