Híldur. Jamila. Úrsúla. Anita. Alma. Edith. Hildegard. María. Georg. Neun Namen, neun Menschen, deren Geschichten miteinander verwoben sind, manche mehr, manche weniger. Doch sie alle zieht es nach dem zweiten Weltkrieg nach Island, als dort händeringend Arbeiter:innen gesucht werden (es herrscht zu diesem Zeitpunkt Frauenmangel auf Islands Bauernhöfen). Das erste Schiff, das 1949 in Deutschland ablegt heißt Esja und bringt hunderte Frauen und ein paar Männer mit sich, die sich daraufhin über ganz Island verteilen.
Anne Siegel führt uns erzählerisch durch diese Leben hindurch, lässt aber auch die Menschen dahinter selbst zu Wort kommen. Hilde, deren Alltag mit vierzehn als jüngste Feuerwehrfrau von Lübeck beinhaltet, nachts eine brennende Stadt zu löschen. María, die nach Jahren auf der Flucht und in Gefangenschaft endlich in Island einen Raum findet, an dem sie zur Ruhe kommen kann. Anita, die in Island eine uneheliche Tochter bekommt, ohne Scham, weil das dort nicht so verpönt ist wie damals in Deutschland. Edith, die von Geburt an hin- und hergerissen ist, zu welchem Land sie gehört. Jede einzelne von ihnen hat viel zu erzählen, jede macht andere Erfahrungen, jede findet einen anderen Grund, nach Island zu kommen. Es sind Menschen wie du und ich, nur anders.
Ich habe dieses Buch gefunden, als ich in Plön war – ein Buch über den Norden – und es weiter gen Süden nach Würzburg transportiert. Während ich es lese, kriege ich das Gefühl, dass ich es von Zuhause entfernt habe. Denn das haben viele der deutschen Einwander:innen in Island gefunden: Ein Zuhause. Liebe, Familie, einen Ort zum Bleiben. Mittlerweile sind sie alt geworden, zum Teil dement, oder gar verstorben, doch die Geschichten, die uns bleiben, sind voller Leben. Sie wollen gehört werden.