Licht zieht uns an. Die „Räume des Lichts“, die der Buchtitel verheißt, betritt der Leser bereits auf den ersten Seiten, gemeinsam mit der Heldin, die in ein neues Heim zieht: „Hatte man die Tür endlich geöffnet, stand man in einer lichtdurchfluteten Wohnung. Der rote Bodenbelag, der vom Eingang bis in die Wohküche reichte, ließ die Helligkeit noch stärker wirken. Aus dem dunklen Treppenhaus kommend, kniff man unwillkürlich die Augen zu.“
Schutz verheißt der Heldin dieses Licht, Heilung, Hoffnung auf Zukunft und ein wenig Leichtigkeit. Denn sie hat es nicht leicht: plötzlich von ihrem Mann verlassen, ist sie nicht nur als alleinerziehende, berufstätige Mutter bald überfordert, sondern insgesamt tief verletzt und verunsichert. Wird ihr Leben nur mehr aus Arbeit und Disziplin bestehen? Wohin werden die erotischen und alkoholischen Exzesse führen, mit denen sie manchmal aus dem Trott auszubrechen versucht? Wer ist sie als Frau, in einer konservativen Gesellschaft, die für Frauen nur die Rollen Mutter, Arbeitsbiene und Schlampe vorsieht?
Seltsam zärtlich dagegen ist die Sprache, ja die ganze Atmosphäre des Buches, den schweren Themen zum Trotz. Und tröstlich wie das Licht in der Wohnung wirkt überhaupt die Welt der Dinge, des Alltags, vor allem des nahen Parks, die genau und – man scheut sich fast, das überstrapazierte Wort zu gebrauchen – achtsam wahrgenommen wird, mit leiser Poesie, die sich überall Bahn bricht. Nicht alles ist schön. Und nicht alles wird gut. Auf dem Grund des Teiches im Park hocken Ungeheuer, wie die Heldin ihrer Tochter erklärt. Aber auch die Monster betrachten die Blumen. Zwischen dem Schrecklichen und dem Schönen ensteht eine fragile Normalität.
Für meinen im Wintersemester am BZ Nürnberg geleiteten Lesekreis zur japanischen Literatur kam das Buch zu spät. Doch es lohnt die Lektüre auch als Solitär.
Yuko Tsushima (1979): Räume des Lichts, Deutsch bei Arche, März 2023.