Ellen Feld findet keine Ruhe. Wach liegt sie in ihrer Hamburger Wohnung, spürt die U-Bahn in regelmäßigen Abständen unter sich vibrieren und erzählt in einer einzigen schlaflosen Nacht vom Schlafen und Verschwinden.
Denn der Schlaf ist ironischerweise Ellens Fachgebiet – in ihrer Arbeit als Somnologin beschäftigt sie sich täglich mit denen, die den Schlaf vergeblich suchen. Nun selbst von der Schlaflosigkeit heimgesucht, nimmt sie uns mit in ihr Heimatdorf Grund, zwischen Rheinauen und Spargelfeldern. Geschickt ineinander verwoben sind die Geschichten ihres Aufwachsens im Tiefgestade mit denen ihrer Rückkehr in das Dorf, siebzehn Jahre später.
Gemeinsam mit ihrer jugendlichen Tochter Orla singt sie im Chor unter der Leitung ihres Vaters, der nur ein einziges Lied probt: Come heavy sleep. Unterdessen schläft ihre Mutter einen komatösen Schlaf; ihr Verschwinden begann schon lange davor. Orla vermisst Irland, baut Windharfen und Labyrinthe, während Ellen eine Liebschaft beginnt.
Auch die im Dorf unbekannte Marthe singt im Chor. Grau und knöchern wie ein Graureiher beobachtet sie die beiden Frauen – ist ihr Schicksal doch mit dem ihren geheimnisvoll versponnen.
Katharina Hagena schreibt wie kaum jemand über das Verlieren geliebter Menschen an das Vergessen. Wie auch schon in der Geschmack von Apfelkernen ist Demenz ein wiederkehrendes Motiv in diesem Roman. Wie von einem Traum zum anderen, trägt der poetische Schreibstil der Autorin von einem Gedanken Ellens zum nächsten und ist in seiner Nebelhaftigkeit eine perfekte Lektüre für den Spätherbst.

